Kata Krasznahorkai im Gespräch mit Gabriele Stötzer. “Schiefe Kunst. Queerness, Performance, Film und die Stasi in der Kunst

Wir stehen 2018 mit Gabriele Stötzer in einer riesigen, mäandernden Schlange vor dem n.b.k. in Berlin und warten auf die erste Performance von Peaches. Kein Konzert. Performance. Die Schlange ist so lang, es ist nicht vorstellbar, dass man reinkommt. Aber man kommt rein, über 1.000 Leute haben es auf dieses Gender-Minenfeld geschafft. Nur nicht so einfach raus. Denn in dem heißen, schwülen Raum sind wir wie in einem Alptraum gefangen. Auf Podesten sind Akteur*innen teils nackt, teils mit Körperapplikationen in dröhnende Musik und Text eingehüllt. Nur was das Publikum in der n.b.k. nicht weiß: auch so, als wären wir zeitgleich 1986 auf einem Erfurter Hinterhof in der DDR. Auch dort Akteur*innen, nackt, mit Körperapplikationen, die Geschlechterrollen exerzieren, mit ritualisiertem Trommelgewirbel, Textgewebe und eingefangen von Gabriele Stötzers Kamera. Nur ohne Publikum. Trisal (1986) –der Film von Gabriele Stötzer, der daraus entstand – ist ein Kultfilm der queeren Performancekultur in der DDR geworden. Es ist diese Gleichzeitigkeit und schonungslose Zeitgenossenschaft, die bei Stötzers Arbeiten immer wieder in den Vordergrund rücken. Die zeitliche Dimension, in der sie arbeitet, reicht von der Antike bis direkt in die Gegenwart.

Kata Krasznahorkai